Soundtracks für Anime und Games mit Dorico
Von Hollin Jones
Der BAFTA-nominierte Komponist Kevin Penkin lebt in Melbourne und ist auf japanische Animationsfilme und Videospiele spezialisiert. Zu seinen bekanntesten Werken gehört der preisgekrönte Soundtrack zur Mangaserie "Made in Abyss" sowie die Musik zum Spiel "Florence". Kevin nimmt seine Musik mit Orchestern aus der ganzen Welt auf, wobei Dorico im Zentrum seines kreativen Schaffens steht. In unserem Interview spricht er über die besonderen Herausforderungen beim Komponieren für Games und Anime.

Kannst du uns etwas über deinen musikalischen Background erzählen? Wie kam es dazu, dass du dich für Musikmachen und Komponieren interessiert hast und welche Instrumente spielst du?
Mein Background ist das Flötespielen, aber ich habe auch schon während meiner Schulzeit angefangen zu komponieren. Als Kind habe ich selbst Videogames gespielt, wodurch der Wunsch aufkam, Musik für diese Welten zu schreiben. Außerdem spiele ich Saxofon.
Hat deine Karriere mit der Komposition für Film und Videogames angefangen? Vermutlich warst du selbst ein Gamer?
Ich war definitiv ein Gamer. Ich wünschte, ich könnte heute auch mehr spielen, aber meine Zeit ist leider so begrenzt. Mein erster Job war ein japanisches Videospiel mit dem Namen “Norn 9”. Als ich anfing, hatte ich weder Erfahrung noch einen wirklichen Bezug zu Live-Musik. Ich glaube, ich habe nie ein professionelles Musikstudio kennengelernt bis zu meinen späten Teenagerjahren oder Anfang zwanzig.
Wie teilt sich deine Arbeit auf zwischen In-the-Box-Produktion und Live-Recording? Vermutlich hängt das vom Umfang des Projekts ab und davon, ob du es selbst programmieren kannst oder ob du andere Musiker aufnehmen musst.
Ganz genau. Einige Stücke muss ich komplett live aufnehmen, weil ein Synthesizer dafür einfach nicht geeignet ist. Bei manchen Projekten muss ich aufgrund verschiedener Einschränkungen etwas wählerischer sein, so dass ich dann nur ein oder zwei Musiker aufnehme.
Du hast 2013 einen Master-Abschluss in Filmkomposition gemacht. Denkst du, dass dies ein wichtiger Schritt war, um deine Fähigkeiten als Komponist zu verbessern? Hat sich deine Herangehensweise ans Komponieren durch dein Studium verändert?
Vor meiner College-Zeit habe ich noch nie dirigiert. Das war wie ein Weckruf, der mir gezeigt hat, wie wichtig die Interaktivität mit Live-Musikern für meine Arbeit ist. Die Live- und Studio-Aufnahmetechniken, die ich in diesen Jahren gelernt habe, sind der Hauptgrund dafür, dass ich heute in der Lage bin, meine professionellen Sessions erfolgreich durchzuführen.

Kannst du uns etwas über dein erstes wichtiges Kompositionsprojekt erzählen? Wie ist es dazu gekommen?
“Made in Abyss” war vermutlich das wichtigste Projekt, das ich bisher gemacht habe. Ich hatte bereits einige andere Projekte für Animationsfirma Kinema Citrus komponiert, bevor „Made in Abyss” kam. Wir haben dann mit diesem Projekt weitergemacht, das glücklicherweise von der Anime-Gemeinde sehr gut aufgenommen wurde.
Inwiefern unterscheidet sich das Komponieren für Anime und Film vom Komponieren für Games? Vermutlich ist man mehr im Flow, wenn man nicht so viele kleine Cues schreibt wie für ein Spiel?
Anime hat ein sehr interessantes System, das viel weniger "synchronisierte" Filmmusik und mehr "Menü-Musik" verlangt. Das bedeutet, dass man die Musik losgelöst vom Bild zu einem Briefing schreibt. Die Musik wird dann vom Sound-Team während des Synchronisationsprozesses ausgewählt und an das Bild angepasst. Das erlaubt definitiv einen zusätzlichen Grad an Freiheit beim Schreiben der Musik, aber es bedeutet natürlich auch, dass man technisch nicht weiß, wie die Musik in Kombination mit der Szene wirken wird.
Wir beginnt das Gespräch mit dem Regisseur typischerweise am Beginn eines Projekts? An welchem Punkt des Projekts wirst du einbezogen?
Bei Anime und Spielen werde ich zum Glück recht früh einbezogen. Zeit kann sehr hilfreich sein, um Ideen eine Weile reifen zu lassen. Wenn man also schon Monate vor dem eigentlichen Beginn der Musikproduktion gebrieft wird, ist das sehr gut für die Kreativität und die mentale Vorbereitung. Normalerweise gibt es ein großes "Kick-off-Meeting" mit dem Team, bei dem sich jeder vorstellt. Das ist dann das Signal, dass das Projekt losgeht.
Wenn du die Partituren, die du mit Dorico erstellt hast, mit ins Studio nimmst, um die Orchesteraufnahmen zu machen, nimmst du dann während der Session noch Anpassungen vor?
Ja, auf jeden Fall! Ich versuche die Partituren so weit fertig zu stellen, dass alle Dynamiken und Artikulationen so gut wie fertig sind und im Raum nur noch Nuancen angepasst werden müssen. Zeitmanagement ist entscheidend, daher ist es meiner Meinung nach am besten, jede Minute zu nutzen, um ein bereits fertiges Werk zu optimieren.
Ich bin unglaublich happy mit Dorico. Alles fühlt sich an, als wäre es für den Kopf eines Komponisten entwickelt worden.
Seit wann arbeitest du mit Dorico und wie hilft es dir, deine kreative Vision zu verwirklichen? Die Möglichkeit, Partituren auf einem Laptop schreiben zu können, muss besonders praktisch sein.
Ich bin unglaublich happy mit Dorico. Alles fühlt sich an, als wäre es für den Kopf eines Komponisten entwickelt worden. Es ist sehr modular aufgebaut, so dass man die Seite um eine Idee herum anlegen kann, anstatt die Komposition um eine Beschränkung der Notationssoftware herumbiegen zu müssen. Kein nerviges Gefummel mehr!

Was ist die größte kreative oder eine technische Herausforderung beim Komponieren eines Spiele- oder Filmsoundtracks?
Ehrlich gesagt ist es wahrscheinlich am schwierigsten, die richtige Idee auf die richtige Art und Weise festzuhalten. Wenn die Kernidee gut ist, sind alle weiteren Prozesse viel einfacher zu bewältigen.
Gibt es bestimmte Tools oder Funktionen von Dorico, die sich für dich während des Kompositions- oder Vorbereitungsprozesses als besonders hilfreich erwiesen haben? Kannst du uns zwei oder drei Funktionen nennen, die für dich besonders wichtig sind?
Fächerbalken-Accelerando/Rallentando ist ein Geschenk des Himmels. Das Aufrufen von Formatvoreinstellungen, so dass alle Partituren einheitlich sind, und die Verknüpfung von Eingaben für die Dynamik machen meinen Workflow reibungslos. Ein großes Lob geht auch an die Möglichkeit, Tupletts auf so eine besondere Art und Weise zu schreiben. Das ist genial. Und die Möglichkeit, zusätzliche Linien für ein Instrument hinzuzufügen oder zu entfernen, ist einfach unglaublich nützlich. Großes Lob an das Team, das die Interaktion damit so natürlich gestaltet hat.